Abbas hat Recht – Bildung kann aufhetzen

Audiatur, translation from English

Mahmud Abbas hat Recht – Bildung kann aufhetzen. In diesem Fall sollte er einen genaueren Blick darauf werfen, was palästinensische Kinder in ihren Klassenräumen lernen.

In seiner jüngsten Rede vor der UN verwies Mahmud Abbas auf den aufhetzenden Charakter israelischer Schulbücher, die die neuste Welle von Gewalt israelischer Siedler gegen palästinensische Bürger förderten.

Diese Gewalt „ist das inhärente Nebenprodukt des rassistischen Klimas“, behauptete Abbas, „angetrieben von einer Kultur der Aufhetzung im israelischen Lehrplan und von extremistischen Erklärungen, die voller Hass und in einer Reihe von diskriminierenden Gesetzen verwurzelt sind, die im Laufe der Jahre gegen das palästinensische Volk geschaffen und verabschiedet wurden.“

Es besteht kein Zweifel daran, dass gewalttätige Übergriffe von Siedlern gegen Palästinenser falsch sind und verhindert und bestraft werden müssen. Doch während Abbas‘ Behauptung, dass ein rassistisches kulturelles Klima Schuld sei, umstritten ist, ist sein Angriff auf Israels Lehrplan in seinem Kern ungerechtfertigt.

Israels Bildungsplan – die amtlich anerkannten Lehrbücher des israelischen Bildungsministeriums–enthält tatsächlich eine überwältigende Menge von Botschaften, die Rassismus und Gewalt unseren palästinensischen Nachbarn gegenüber vehement ablehnen.

Zwei neue vom Institute for Monitoring Peace and Tolerance in School Education (IMPACT-SE) veröffentlichte Berichte zeigen, dass die amtlichen Schulbücher den Frieden als die optimale Lösung für den arabisch-israelischen Konflikt unterstützen. Sie beinhalten Gedichte und literarische Texte, die Frieden fordern und ihn preisen (darunter auch Gedichte von palästinensischen Autoren), und argumentieren, dass Gewalt, geschweige denn unorganisierte illegale Gewalt, immer falsch ist.

Folgend beispielsweise ein Zitat aus dem Geschichtsbuch On the Way to Resurrection and Peace – Episodes in the History of Israel in the 20th Century, das im Jahr 1999, während der frühen Oslo-Jahre, veröffentlicht wurde. Das schreiben nun die Autoren über den Friedensprozess mit den Palästinensern:

„Diese Verhandlungen schreiten unter grossen Schwierigkeiten voran. Wir hoffen, dass sie erfolgreich sein werden, wir hoffen, dass wir schliesslich einen Frieden mit den arabischen Staaten erreichen werden. Und Frieden wird nach Israel kommen.“ (S. 263)

Ein weiteres Zitat aus einem Lehrbuch für Staatsbürgerkunde (Being Citizens in Israel: A Jewish and Democratic State, S. 348) übermittelt die gleiche Botschaft:

„[…] Es ist nicht genug, Frieden mit Ägypten und Jordanien zu haben. Als Teil der Verhandlungen mit den Palästinensern müssen wir mehr dazutun und die Tatsache akzeptieren, dass sie eine eigene nationale Einheit sind. Es ist nicht genug, einen partiellen, zersplitterten Frieden zu haben. Um die Bedrohung von Israels Zukunft abzuwenden, ist ein vollständiger Frieden notwendig. […].“

Gedichte und andere Auszüge, die den Frieden fördern, sind häufig in Literaturanthologien enthalten, wie in The Way of Words (2006, Buch 6, S. 264), beispielsweise das Gedicht If I Will Come Upon the Mine of Peace des palästinensischen Autors Hassan Abdel Rahman Yusuf Sarsur:

„Wenn ich auf die Mine des Friedens stosse ‒ / Werde ich in sie hineintreten und werde die kostbare Zerbrechlichkeit des „Friedens“ herausbrechen, / Ich würde sie unter den Menschen verbreiten – und Frieden wird überall überleben […]. Wir werden einander die in Frieden ausgestreckten Hände schütteln, / Sodass wir und diejenigen nach uns ein Leben in Glück leben werden – / Bitte kommt, kommt zusammen, kommt!“

Eine vergleichbare Untersuchung palästinensischer Schulbücher hat leider keine gleichwertigen Zitate aufgedeckt. Die neuesten palästinensischen Schulbücher erkennen die Existenz des Staates Israel kaum an. So heisst es beispielsweise in den Al-Sham Geschichtsbüchern der fünften Klasse: „Die Länder der Levante umfassen derzeit die Staaten Palästina, Jordanien, Libanon und Syrien.“ Israel bleibt auch auf der überwiegenden Mehrheit der Landkarten in den Schulbüchern abwesend.

Andere Bücher, vor allem die vom palästinensischen Waqf (Ministerium für Religiöse Angelegenheiten) herausgegeben werden, verteufeln Juden und ermutigen zur Schahada (Märtyrertum) und zum Dschihad (Heiliger Krieg). Im Buch Religiöse Angelegenheiten, herausgegeben von der Waqf, heisst es:

„Heute benötigen die muslimischen Staaten dringend den Dschihad und Dschihad-Krieger, um die geraubten Gebiete zu befreien und die diebischen Juden in den gestohlenen Ländern Palästinas und der Levante loszuwerden.“ (S. 12).

Selbst vom Bildungsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde zugelassene Schulbücher beinhalten Aussagen wie die folgende Passage: „Palästina ist das Land der Ribat [Heiliges Land] und des Dschihad“ (auf Arabisch: Reading, Literature and Criticism, S. 108), und Grammatikübungen, bei denen die Schüler die folgenden beiden Sätze verbinden sollen: „Ein Morgen der Herrlichkeit und roten Erlösung, gespeist durch das Blut der Märtyrer“ und „Hoffnung für die Befreiung Palästinas“ (in: Reading and Texts, Teil 1, S. 20-21, 24).

Wenn Abbas also behauptet, dass die Palästinenser eine Kultur des Friedens pflegten, während die Politik des Staates Israel eine des Krieges und der Besatzung sei, sollte er vielleicht einen genaueren Blick darauf werfen, was palästinensische Kinder in ihren Klassenzimmern lernen.

Da die Palästinenser vor Kurzem der UNESCO, dem Bildungsableger der Vereinten Nationen, beigetreten sind, sollte Abbas besser an ihre Präambel erinnert werden: „Da Kriege in den Köpfen der Menschen beginnen, muss die Verteidigung des Friedens in den Köpfen der Menschen aufgebaut werden.“

Eine Kultur des Friedens beginnt im Geist der Jugend. Leider beginnt eine Kultur des Krieges an genau der gleichen Stelle.

Yael Teff Seker ist Forschungsleiterin und Dr. Nir Boms ist Vorstandsmitglied des Institute for Monitoring Peace and Cultural Tolerance in School Education (IMPACT-SE)

Originalversion: Abbas is right – Education can incite by Nir Boms and Yael Teff-Seker, The Commentator, October 17, 2012

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