von Nir Boms und Yael Teff-Seker
Palästinensische Schüler in Ost-Jerusalem Foto: © istock/Joel Carillet
Das Thema Aufhetzung war schon immer Quelle hitziger Debatte zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde PA. Israel hat einen „Aufhetzungsindex“ mit dem Ziel erstellt, Veränderungen in der anti-israelischen Rhetorik zu beobachten. Die Palästinenser folgten diesem Beispiel und erstellten ihren eigenen Bericht, dessen zweite Ausgabe in der letzten Woche erschien. Die Untersuchung und Analyse des Themas Aufhetzung, um diese auf beiden Seiten zu reduzieren, ist ein lohnendes Vorhaben, doch eine nähere Betrachtung des Diskurses ist ebenso fällig.
„Israelische Schulbücher fördern Hass“ verkündet der Titel des palästinensischen Berichts, der besagt, dass „es Beweise gibt, dass israelische Schulen rassistische Schulbücher lehren“. Der „Beweis“ wird in Form von vier Beispielen für solche „Aufhetzung“ erbracht. Drei davon sind einem Erdkundebuch über das Land Israel (2002) entnommen, welches bereits seit 2002 von der vom israelischen Bildungsministerium genehmigten Leseliste genommen ist. Die gezeigten Bilder u.a. eines Arabers in traditioneller Kleidung, der ein Kamel an der Leine führt, sind tatsächlich etwas klischeehaft (doch kaum aufhetzend) und waren wahrscheinlich der Grund dafür, warum das Buch von der genehmigten Leseliste gestrichen wurde.
Die weiteren Beispiele für „Aufhetzung“ in diesem Bericht erheben Einspruch gegen den Gebrauch des Begriffs „Judäa und Samaria“ für die Gebiete des Westjordanlandes und dagegen, dass die Schulbücher Jerusalem nicht als palästinensisches Gebiet ausweisen. Doch ist das wirklich „Aufhetzung“? Aktuell steht Jerusalem unter israelischer Kontrolle und daher könnte ein akkurates Erdkundebuch diese Angelegenheit gar nicht anders darstellen. Zweitens ist der technische (hebräische) Name für die oben genannten Gebiete tatsächlich Judäa und Samaria und somit ist deren Verwendung keine politische Voreingenommenheit. Drittens gibt die im Bericht gezeigte Landkarte eindeutig die 1967-Linie, Gaza und das Westjordanland an. Zuletzt übergeht der palästinensische Bericht die hebräische Überschrift rechts der „aufhetzerischen“ Landkarte, die besagt, dass das Schulbuch wählt, keine klaren Grenzen aufzeige, da ein endgültiges Friedensabkommen noch nicht unterzeichnet worden sei.
Es ist daher schwer zu glauben, dass dieses Schulbuch seine Leser gegen Palästinenser „aufhetzt“ oder ablehnt, dass diese Gebiete unter der Kontrolle der PA stehen werden.
Viele gängige Erdkundebücher sind sogar noch eindeutiger was die Grenzziehungen angeht und einige beinhalten Anmerkungen zu allen verhandelten Kontrollzonen (A, B und C), in denen Israel und die PA unterschiedliche zivile und militärische Kontrolle gemäss Osloer Abkommen teilen. Zu erwähnen sind beispielsweise The Main Mountain: Judea, Samaria and the Jordan Valley (2002:365) oder Mountains Surrounded It – Geography of the Judea Mountains, Samaria and the City of Jerusalem (2003:182)
Viel wichtiger jedoch ist: Was sagen die anderen Hunderte zugelassener israelischer Schulbücher? Diese Bücher, die erst kürzlich vom The Institute for Monitoring Peace and Cultural Tolerance in School Education (IMPACT-SE) analysiert worden sind, erkennen nicht nur die palästinensische Autonomiebehörde PA und ihre Gebiete gemäss Osloer Abkommen an, sondern auch die palästinensische Gegenwart im Land Israel vor der jüdischen Einwanderung in den späten 1800er. Sie stellen die palästinensische Perspektive in Bezug auf den arabisch-jüdischen Konflikt dar, beziehen sich auf die Vertreibung der Palästinenser aus ihren Häusern in 1948 und beschreiben die Not der palästinensischen Flüchtlinge.
So beispielsweise gibt das Erdkundebuch Mountains Surrounded It eine mitfühlende Darstellung palästinensischer Flüchtlingslager: „Menschen ohne Staatsbürgerschaft oder Nationalität, ohne Rechte, politische benachteiligt, wirtschaftlich abhängig. Menschen, die sich nach Zugehörigkeit sehnen, ihr eigenes Land zu haben“ (S.127).
Das Buch Nationality – a Beginning regt zu folgender Aufgabe an: „Beschreibe die Entwicklung der neuen Siedlung im Land Israel aus Sicht eines Juden aus der „alten Siedlung“ und aus Sicht eines arabischen Dorfbewohners“ (S.165).
Und auf eine ähnliche Weise macht das Geschichtsbuch Israel in the 21st Century folgende Aussage: „Der Konflikt bezieht sich auf die Gebiete, welche von den Juden „Das Land Israel“ genannt und als Teil ihres Heimatlandes angesehen werden, während die Araber es „Falastin“ nennen und als Teil ihres Heimatlandes ansehen“ (S.18).
Solche Auszüge lassen sich in den meisten Schulbüchern finden, die sich auf Palästinenser beziehen. Auch wenn Schulbücher überwiegend daran interessiert sind, die israelische Position, Geschichte und Narrativ aufzuzeigen, werden eindeutige Bestrebungen unternommen, die Bücher mit Ausgewogenheit zu ergänzen und die Werte des Friedens und der Toleranz zu fördern, sowie jegliche Texte auszuschliessen, die Rassismus und Gewalt fördern.
Aufhetzung in Schulbüchern zu beobachten, um diese zu reduzieren, sind vernünftige Bemühungen, die bestärkt werden sollten. Genauso sollten alle Schulbücher danach streben, eine friedliche Konfliktlösung zu fördern und jegliche Aussagen ausschliessen, die diesen Bemühungen kontraproduktiv gegenüberstehen. Obwohl das israelische Bildungsministerium zugelassene Schulbücher weiterhin neu bewerten und verbessern sollte, ist allerdings die Anschuldigung der Aufhetzung, wo es keine gibt, tatsächlich selbst eine Form der Aufhetzung.
Yael Teff-Seker ist Wissenschaftlerin und Nir Boms Vorstandsmitglied beim Institute for Monitoring Peace and Cultural Tolerance in School Education.
Originalversion: Books, incitement and incitement reports by Nir Boms and Yael Teff-Seker © The Commentator, June 11, 2012